Knieschmerzen 


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Das größte Gelenk im menschlichen Körper ist das Kniegelenk. Dabei handelt es sich um ein Scharniergelenk, das den Oberschenkel und das Schienbein mit sich kreuzenden Sehnen und seitlichen Haltebändern verbindet und trotz der limitierenden Scharnierkonstruktion gewisse Drehbewegungen erlaubt. Gehen, Laufen, Tanzen, Springen, Sitzen, Stehen, Fahrradfahren – das flexibel beug- und streckbare Knie macht viele der uns so alltäglich erscheinenden Bewegungsabläufe überhaupt erst möglich. Kein Wunder also, dass uns Knieschmerzen schnell in unserem Wohlbefinden sowie auch in unserer Arbeitsfähigkeit einschränken.


Die komplexe spezifische Anatomie des Kniegelenkes erfordert ein hohes Maß an Erfahrung bei der richtigen Einschätzung der Ursachen für Knieschmerzen. Nicht selten führt die rasch veranlasste Bildgebung im Kernspin zu einem operativen Eingriff, der gar nicht erforderlich gewesen wäre. Deshalb sollte keinesfalls anhand von Bildbefunden allein eine Indikation gestellt werden. Zu einer gewissenhaften Einschätzung gehört immer auch die Untersuchung. Belastete Röntgenaufnahmen des Kniegelenkes fördern Erkenntnisse zu Tage, die die liegenden Aufnahmen im MRT nicht ermöglichen.

Beschwerdebilder

Knieschmerzen können sich an sehr verschiedenen Stellen des Gelenkes bemerkbar machen. Je nach Schmerzlokalisierung spricht der Orthopäde von vorderen, inneren, äußeren und periartikulären Knieschmerzen sowie hinteren oder Kniekehlenschmerzen.

Abhängig von der Ursache werden Knieschmerzen als akut oder chronisch eingeschätzt. Akute Schmerzen im Knie treten plötzlich auf und halten meist nur wenige Stunden oder Tage an. Als chronisch werden sie hingegen bezeichnet, wenn akut aufgetretene Schmerzen mindestens sechs Wochen anhalten. Je nach Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten kann der Orthopäde chronische Knieschmerzen in der Regel recht gut in den Griff bekommen, allerdings sind Rückfälle nichts Ungewöhnliches.

Warum treten Knieschmerzen auf?

Aufgrund seiner Konstruktion ist das Kniegelenk sehr anfällig für Verletzungen und Verschleißerscheinungen, insbesondere im Zusammenhang mit Sport und beruflicher Belastung. Daneben verursachen verschiedene Erkrankungen Knieschmerzen, wobei deren Ursache nicht immer im Knie selbst zu suchen ist.

Die häufigsten Ursachen resultieren aus

  • Achsfehlstellung
  • Bandverletzungen (Kreuzbänder, Seitenbänder)
  • Entzündliche Erkrankungen
  • Meniskusverletzungen
  • Gelenkdegeneration und Knorpelveränderungen


Achsfehlstellung
Typische Ursachen für Knieschmerzen können körperliche Gegebenheiten sein. Übergewicht, eine Achsfehlstellung (X-Bein oder O-Bein) des Beines, eine Fehlstellung der Wirbelsäule oder aber eine besondere Fußform können Beschwerden am Knie verursachen. Weil die Füße die Beinachse bestimmen, gehört zu einer Untersuchung immer deren Beurteilung. Die Hornhautbeschwielung der Füße und die abgelaufene Sohle eines geschlossenen Halbschuhs liefern sehr wertvolle Hinweise auf die Belastungssituation am Knie. Diagnostiziert der Orthopäde Zusammenhänge zwischen akuten oder chronischen Knieschmerzen und Besonderheiten des Körperbaus, so sind in erster Linie die grundlegenden Ursachen – beispielsweise eine Achskorrektur durch eine Einlagenversorgung – zu behandeln.

Bei derartigen Ursachen handelt es sich oft um Verschleißerscheinungen, die aufgrund der körperlichen Beschaffenheit für einen hohen Abnutzungsgrad des Kniegelenks sprechen. Dieser Verschleiß kann jedoch auch aufgrund von bestimmten Körperhaltungen oder Bewegungsabläufen bzw. Gewohnheiten auftreten und mit der Zeit Knieschmerzen zur Folge haben. Hierbei verursachen häufige Arbeiten im Knien und Hocken, vor allem im Verbund mit dem Tragen schwerer Gegenstände, das Laufen und Gehen auf hartem und unebenem Untergrund in ungeeignetem Schuhwerk sowie – hauptsächlich bei Frauen – das häufige bzw. regelmäßige Tragen von High Heels bzw. Schuhen mit einer Absatzhöhe von mehr als vier Zentimetern besagte Verschleißerscheinungen.

Bandverletzungen
Nahezu immer geht der Symptomatik eine Verletzung voraus. Meist kommt es dabei zu einem Verdrehtrauma der Schienbeinkonsole gegen den Oberschenkelknochen. Nicht selten kann dabei ein schnalzendes Geräusch vernommen werden. Daraus resultieren kann eine zeitnah bereits optisch sichtbare Schwellung sowie ein Instabilitätsgefühl des Kniegelenkes insbesondere vorne innen.

Ein versierter Untersucher kann durch spezifische Funktionstests bereits einschätzen, welche Bandstrukturen betroffen sind. Dabei stellt eine Kreuzbandruptur nicht immer eine eindeutige Operationsindikation dar. Eine exakte Erwägung der individuellen Situation und die sportliche langfristige Erwartungshaltung des Patienten sollte in die therapeutische Planung unbedingt mit einfließen.

Eine Verletzung des Innenbandes erfordert in der Regel einen Aufklappmechanismus des inneren Gelenkspaltes. Häufig werden dabei weitere Gelenkbinnenstrukturen betroffen. Die operative Versorgung einer Innenbandverletzung wurde weitgehend verlassen und stellt heute eine Domäne der funktionellen Behandlung ohne operatives Eingreifen dar.

Entzündliche Erkrankungen
Bei Kindern und Jugendlichen treten Knieschmerzen häufig in Wachstumsphasen auf und sind somit eine Form von Wachstumsschmerzen. Allerdings können auch im jugendlichen Alter bereits Abnutzungserscheinungen und/oder Erkrankungen, wie beispielsweise das Sinding-Larsen-Johansson-Syndrom oder eine rheumatoide Arthritis (RA, früher Polyarthritis), die Ursache sein.
Entzündliche und rheumatoide Erkrankungen lösen meist einen diffusen Schmerz aus. Es kommt zu einer imposanten Schwellung mit einer fühlbaren Überwärmung des gesamten Gelenkes. Rheumapatienten berichten über eine längere Beschwerdeentwicklung mit Morgensteifigkeit und Wärmeempfindlichkeit. Eine Gelenkpunktion kann in diesem Fall weitere Erkenntnisse über die Schwellungsursache liefern. Das gewonnene Punktat sollte feingeweblich, zytologisch und mikrobiologisch untersucht werden.

Meniskusverletzungen
Ähnlich wie bei der Innenbandschädigung geht der Verletzung ein Traumaereignis voraus. Eine Drehung der Schienbeinkonsole mit begleitender Kompression im inneren Gelenkspalt kann vorrangig dem hinteren Anteil des Innenmeniskus zusetzen, der dem Trauma aufgrund seiner Fixierung auf der Schienbeinkonsole am wenigsten gut ausweichen kann. Deshalb sind etwa 75 Prozent der Meniskusverletzungen hinten innen am Knie lokalisiert.
Dennoch kommt es auch bei vorgeschädigten Knorpelverhältnissen am Knie, die fast immer mit einer O-Bein-Situation einhergehen, zu Meniskusschäden, die nicht verletzungsassoziiert sind.

Gelenkdegeneration
Arthrosen des Kniegelenkes treten häufiger am inneren Gelenkspalt auf. Sie plagen die Patienten eher im höheren Lebensalter. Sie klagen über morgendlichen Ruheschmerz, Nachtschmerz, Streckdefizit (nachts wird zur Linderung ein Kissen in die Kniekehle gelegt), Anlaufschmerz und anfangs gutes Ansprechen auf Schmerzmittel wie Diclofenac und Ibuprofen. Im fortgeschrittenen Stadium besteht nicht selten eine groteske Fehlstellung, die bereits auf den ersten Blick sichtbar wird.

Fast immer besteht ein ausgeprägtes Reibephänomen hinter der Kniescheibe und im Gelenk selbst. Die Eigenproduktion der Gelenkflüssigkeit hat schmerz- und schonungsbedingt nachgelassen, so dass der fehlenden Ernährung wegen der Gelenkknorpel weicher und rauer wird, was seine Oberflächenanfälligkeit für Abrieb und Riefenbildung verstärkt.

Welche Symptome treten bei Knieschmerzen möglicherweise auf?

Prinzipiell unterscheidet der Orthopäde vier Arten von Knieschmerzen, die im vorderen Kniebereich, an der Innen- und Außenseite des Knies sowie im Kniegelenk auftreten können. Akute Schmerzen können dabei innerhalb weniger Stunden oder Tage spontan abklingen, vor allem dann, wenn es sich um Knieschmerzen aufgrund einer kurzen, ungewohnten Überlastung durch Sport oder andere körperliche Betätigungen handelt.

In der Regel wird jedoch ein Orthopäde vor allem über mehrere Tage bis Wochen anhaltende Knieschmerzen abklären müssen, um eventuelle Dauerschäden zu verhindern. Dabei gilt es, durch eine geeignete Therapie der Entwicklung von Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen entgegenzuwirken und chronische Schmerzen zu vermeiden.

Für eine korrekte Diagnose benötigt der Orthopäde genaue Informationen über

  • Qualität und Lokalisierung der Knieschmerzen
  • Ruheschmerz? Belastungsschmerz?
  • Wenn ja, bei welcher Belastung tritt Schmerz auf?
  • Überwärmung? Rötung? Schwellung?
  • Instabilitätsgefühl?
  • Ablaufmuster der Schuhsohle? Einseitiger Verschleiß des Sohlenprofiles
  • Gibt es weitere, begleitende Symptome?

Treten all diese Symptome nicht nur einmal, sondern mehrmals oder häufiger auf, so sollten Sie einen Termin in unserer fachärztlichen orthopädischen Sprechstunde vereinbaren. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie älter als 25 Jahre, aktive/r Sportler/in (vor allem Laufsportler/in) und/oder in einem körperlich belastenden Beruf tätig sind.

Welche Diagnosen sind bei Knieschmerzen wahrscheinlich?

Der Orthopäde kann aufgrund der Knieschmerzen, ihrer Formen und Häufigkeit sowie mit Hilfe einer (bildgebenden) Diagnostik eine genaue Diagnose stellen und so eine Therapie einleiten. Dazu erfolgt eine genaue Anamnese durch die Befragung des Patienten sowie eine körperliche Untersuchung, gegebenenfalls mit verschiedenen Funktionstests.

Vordere Knieschmerzen
Vordere Knieschmerzen äußern sich an der Vorderseite des Kniegelenks sowie auch des Ober- und Unterschenkels. Sie strahlen häufig von der Kniescheibe (Patella) aus, wofür verschiedene Ursachen in Frage kommen. So kann eine Verschiebung, Verrenkung oder auch Fehlbildung der Kniescheibe zu vorderen Knieschmerzen führen, aber auch das so genannte Patellaspitzensyndrom. Dabei handelt es sich um durch eine Überlastung der hinter der Kniescheiben befindlichen Patellarsehne, von der vor allem Sportler betroffen sind.

Eine weitere mögliche Diagnose ist die Retropatellararthrose, eine hinter der Kniescheibe befindliche dauerhafte Abnutzungserscheinung. Bei einer Arthrose handelt es sich um einen Gelenksverschleiß, der in erster Linie auf den Abrieb der schützenden Knorpelschicht im Knie sowie der nachlassenden Elastizität der Sehnen und Bänder zurückzuführen ist. Dabei handelt es sich um eine alterstypische Verschleißerkrankung, die vor allem bei Menschen ab einem Lebensalter von 60 Jahren auftritt.

Auch eine Schleimbeutelentzündung im vorderen Knieanteil (Bursa synovialis bzw. Bursitis) kann die Ursache für Schmerzen im vorderen Bereich des Gelenks sein.

Knieschmerzen an der Innenseite
Kniebeschwerden an der Innenseite bezeichnet der Orthopäde auch als medialen Knieschmerz. Dieser tritt häufig auf, wenn eine Innenbandverletzung des Knies oder ein Schaden am Innenmeniskus vorliegt. Auch an der Innenseite des Kniegelenks treten Arthrosen und entzündete Schleimbeutel sowie Sehnenschäden (beispielsweise an den Kniebeugern) gehäuft auf. Bedingt durch die anatomische Fixation des Innenmeniskus auf der Schienbeinkonsole ist dieser in etwa 75 Prozent aller Fälle bei Verletzungen oder chronischer Schädigung betroffen.
Insbesondere Laufsportler klagen über Knieschmerzen an der Innenseite, wenn sie ihren Sport mit abgenutzten und ungeeigneten Laufschuhen ausüben oder häufig auf hartem und unebenem Untergrund laufen. Als zertifizierter „Fußarzt“ kann ich Sie im Hinblick auf geeignetes Schuhwerk mit unserer eigens angegliederten Fußsprechstunde bestens unterstützen. Falls erforderlich werden auf Sie und Ihre Laufschuhe individuell abgestimmte Einlagen als Maßanfertigung hergestellt.

Knieschmerzen an der Außenseite
Äußere Knieschmerzen, der Orthopäde spricht auch von lateralem Knieschmerz, sind ein Hinweis auf mögliche Diagnosen wie

  • Verletzungen des Außenbands
  • Verletzungen des Außenmeniskus
  • Kniefehlstellungen (vor allem durch X-Beine)
  • Arthrose des äußeren Kniegelenkspalts
  • gereizte und verschlissene Sehnen (vor allem bei Ausdauersportlern) sowie dem so genannten „Läuferknie“

Kniekehlenschmerzen
Kniekehlenschmerzen gehen häufig von der Gelenkkapsel aus und weisen auf eine so genannte Baker-Zyste, eine Kniearthrose oder Schäden am hinteren Kreuzband hin.

Wie werden Knieschmerzen behandelt?

Je nach Ursache und Diagnose der Knieschmerzen hat der Orthopäde verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Auswahl.

Häufig führt eine knieumgreifende Kräftigung durch Radfahren oder Schwimmen zu einer deutlichen Beschwerdebesserung. Auch gezieltes Krafttraining kann helfen. Durch den Auftrieb des Wassers und die sitzende Aktivität beim Radfahren kommt eine besonders gelenkschonende Aktivität zum Einsatz. Zeitweise kann die Verwendung einer gut angepassten Kniebandage zu deutlicher Beschwerdelinderung führen. Achten Sie dabei auf eine gute Passform. Die Bandage muss gut sitzen, darf aber in Beugung nicht „kneifen“. Keinesfalls darf sie bei sportlicher Aktivität rutschen.

In Einzelfällen kann ein Medikament oder Salbenpräparat zu Linderung führen. Bei besonders starken Schmerzen kann eine Gelenkspritze wahre Wunder vollbringen. Bei leichten und mittleren Arthrosen hat sich der Einsatz von Hyaluronsäurepräparaten sehr gut bewährt. Die fehlende Produktion der gelenknährenden Flüssigkeit kann zeitweise synthetisch zugeführt werden und verhilft dem verbliebenen Knorpel zu einer Volumenzunahme und Glättung der Oberfläche, was rasch zu einem spürbaren positiven Effekt führt.

Vorrangiges Ziel bleibt dabei immer eine gelenkerhaltende und operationsvermeidende Strategie, die möglichst schonend, effektiv, nebenwirkungsfrei und das Gesamtproblem erfassend sein muss.